Konzept der Stadt Worms / Unsere Stellungnahme
Erfahren Sie mehr über das Stadttaubenkonzept der Stadt Worms und unsere Stellungnahme dazu.
Der Arbeitskreis Stadttaube Worms wurde gegründet, um eine tierschutzgerechte Populationskontrolle der Stadttauben in Worms vornehmen zu können und zur Sauberkeit der Stadt beizutragen. Wir setzen uns für betreute Taubenschläge ein! Stadttauben sind Nachkommen ausgesetzter Zucht-/Haustauben, die nirgends einen „natürlichen Lebensraum“ haben und auf menschliche Hilfe angewiesen sind. Haustauben aus aufgegebenen oder vernachlässigten Schlägen und Vögel, die im sogenannten Taubensport nicht den Anforderungen genügten, sind der Ursprung der Stadttaubenpopulationen.
Stadttaubenkonzept der Stadt Worms
Die Stadt Worms verfolgt ein spezielles Konzept im Umgang mit den Stadttauben, das auf einem kompletten Fütterungsverbot und Vergrämung setzt.
Unsere Stellungnahme
Als Arbeitskreis Stadttaube Worms e. V. setzen wir uns aktiv für den Taubenschutz ein und entwickeln Lösungsvorschläge, um den tierschutzgerechten Umgang mit den Stadttauben und die Belange der Bewohner in Einklang zu bringen. Erfahren Sie mehr über unsere Arbeit und wie Sie uns unterstützen können.
Antwort des Arbeitskreises Stadttaube Worms e. V.
Auf das
„Stadttaubenkonzept der Stadtverwaltung Bereich 3
öffentliche Sicherheit und Ordnung 3.05 Umweltschutz und Landwirtschaft vom 19.09.2024“
1. Rechtliche Einordnung der Stadttauben
„Frei lebende Stadttauben sind wilde, herrenlose Tiere im Sinne des Paragrafen 960 BGB.“
Dies bedeutet, dass Stadttauben im rechtlichen Sinne, keine Fundtiere sind. Sie unterliegen jedoch dem Tierschutzgesetz. „Zweck dieses Gesetzes ist es, aus der Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf, dessen Leben und Wohlbefinden zu schützen.“
Rechtliche Erfassung: Das Tierschutzrecht legt fest, dass der Halter (ebenso wie der Betreuer) eines Tieres für dessen Wohlergehen verantwortlich ist. Als Halter gilt, wer hinsichtlich Betreuung, Pflege, Verwendung oder Beaufsichtigung die tatsächliche Bestimmungsmacht über ein Tier hat.
https://www.tierimrecht.org/de/recht/lexikon-tierschutzrecht/tierhalter-tierschutzrechtlich/
Paragraf 3 des Tierschutzgesetzes: Es ist verboten,
Punkt 3. ein im Haus, Betrieb oder sonst in Obhut des Menschen gehaltenes Tier auszusetzen oder es zurückzulassen, um sich seiner zu entledigen oder sich der Halter- oder Betreuerpflicht zu entziehen,
Punkt 4, ein gezüchtetes oder aufgezogenes Tier einer wild lebenden Art in der freien Natur auszusetzen oder anzusiedeln, das nicht auf die zum Überleben in dem vorgesehenen Lebensraum erforderliche artgemäße Nahrungsaufnahme vorbereitet und an das Klima angepasst ist.
2. Aufgaben der Stadt Worms
„Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit und Ordnung.“
Die Stadt Worms muss zudem jedoch auch dem Staatsziel Tierschutz (GG Art. 20) gerecht werden.
Ein Widerruf der Fütterungsgenehmigung /Fütterungsverbot, bei dem die Tiere ausgehungert werden und wieder auf herabgefallene salzige Pommes, Brezelstücke und in der Not sogar Erbrochenes aufpicken, kann nicht das Ziel eines tierschutzgerechten Stadttaubenkonzeptes im 21. Jahrhundert sein.
3. Betreute Taubenschläge
Die Entnahme von Eiern in betreuten Taubenschlägen führt lediglich zu einer Verminderung der Fortpflanzung innerhalb des Schlags.
Sie hat aus diesem Grund keine Relevanz hinsichtlich der Gesamtpopulation.
Wild nistende Tiere + im Schlag nistende Tiere = Stadttaubenpopulation.
Der Arbeitskreis Stadttaube Worms e. V. stimmt dieser Gleichung mit folgendem Einwand zu. Dieser besagt jedoch, dass eine Verminderung der Fortpflanzung im Schlag zu einer Verminderung der Gesamtpopulation führen würde, denn wenn eine Variable kleiner wird, so wird auch das Gesamtergebnis kleiner.
Mit der Aneignung der Stadttauben gemäß. Paragraf 958 BGB: Durch Unterbringung in einem Taubenschlag gehen Halterpflichten nach Paragrafen 2ff Tierschutzgesetz, Haftungsrisiken und Kosten einher. Für eine solche Aneignung gibt es weder eine Legitimation noch einen sachlichen Grund.
Die Praxis in Städten wie z. B. Aachen, Augsburg, Berlin, Braunschweig, Bremen, Darmstadt, Düsseldorf, Frankenthal (geplant), Frankfurt, Guntersblum, Göttingen, Hamburg, Hanau, Kaiserslautern, Karlsruhe, Ludwigshafen, Mainz, Mannheim, München, Nürnberg, Rottweil, Solingen, Weimar, Wiesbaden u. v. m. zeigt, dass diese Argumentation nicht haltbar ist. Tatsächlich ist es so, dass sich nicht die Stadt diesen Tieren aneignet, sondern lediglich die Örtlichkeit für den Schlag zur Verfügung stellt. Kosten und Management für das Taubenhaus (Futter, Eieraustausch, Instandhaltung etc.) übernimmt vollständig der Arbeitskreis Stadttaube Worms e. V.
Da es sich um einen offenen Schlag handelt, gehen weder wir noch die Stadt Halterpflichten ein, da wir kein Bestimmungsrecht über das Tier haben.
4. Empfehlung zum Umgang mit den Wormser Stadttauben
Ökologisch gesehen ist die durch Fütterung des Menschen erzeugte Nahrungsgrundlage, die Ursache für große Stadttaubenpopulationen und aller damit einhergehenden Probleme. Der Hauptadressat der Bemühungen sollte aus diesem Grund nicht die Stadttaube, sondern die Bevölkerung sein.
Faktisch und biologisch gesehen ist die Ursache für die große Stadttaubenpopulation eine vom Menschen gezüchtete, widernatürliche Eigenschaft: Stadttauben sind Nachkommen von Zuchttauben, die aufgrund menschlicher Züchtung 6-8x pro Jahr auch in den Wintermonaten brüten. Ein Fütterungsverbot vermindert nicht die Bruttätigkeit, führt jedoch zu einer erhöhten Sterblichkeitsrate der Küken.
Die Tiere durch ein konsequentes Fütterungsverbot auszuhungern, widerspricht daher dem Tierschutzgesetz und hat auch in den vergangenen Jahrzehnten in keiner Stadt zum Erfolg geführt. Zudem ist „eine konsequente Überwachung des Fütterungsverbots nur mit unverhältnismäßigem Personalaufwand durchführbar“
(Maximilian Lipp, Leiter des Ordnungs- und Bürgeramts Karlsruhe)
Auch werden die Tiere dadurch nicht die Innenstadt verlassen, da sie auf Standorttreue gezüchtet wurden.
(Burkhardt Itzerodt vom Verband Deutscher Rassetaubenzüchter, Osthofen)
Verminderung der wilden Nistplätze / Lokale Vergrämungsmaßnahmen in sensiblen Bereichen
Anders als die in Deutschland lebenden Wildtauben (Ringeltaube/Türkentaube) sind die Stadttauben Nachfahren von Tauben, die aus in Felsnischen brütenden Arten gezüchtet wurden. Wenn deren Nistplätze verschlossen oder dort Vergrämungsmaßnahmen vorgenommen werden, führt dies dazu, dass sie unzugänglichere Brutplätze in und auf Gebäuden der Innenstadt (Standorttreue) suchen oder trotz der Vergrämungsmaßnahmen an den gleichen Orten bleiben, also ihre Nester in diesen Spikes bauen.
FAZIT UND LÖSUNGSVORSCHLÄGE
Das vorgelegte Konzept der Stadt Worms stellt lediglich eine Verdrängung, jedoch keine Lösung des Problems dar.
Zudem hat die Stadtverwaltung Worms bis zum heutigen Tag keine nachvollziehbare Antwort auf die Frage, wohin die Stadttauben ausweichen sollen.
Vergrämung führt nur dazu, dass die Tauben sich zum Brüten an unzugänglichere Stellen zurückziehen und weiter vermehren. Auch ein Fütterungsverbot ist keine sinnvolle Maßnahme, da es im öffentlichen Raum immer ausreichend Abfälle gibt – die Taubengesundheit verschlechtert sich, ohne dass sich die Population reduziert.
Die genannten Maßnahmen wie Vergrämung und Fütterungsverbot wurden bereits jahrzehntelang von Worms und anderen Städten ohne Erfolg durchgeführt, warum sollte man also diesen Irrweg weiterhin verfolgen? Noch dazu, wo zahlreiche andere Städte (s. oben genannte Beispiele) einen immer wieder auch von den Stadtverwaltungen bestätigten erfolgreichen Weg der betreuten Taubenschläge gehen und auch noch nach vielen Jahren von diesem Konzept überzeugt sind.
Die Erfahrung zeigt, dass Tauben, wenn sie betreute Taubenschläge angeboten bekommen, dort die meiste Zeit verbringen und auch ein Großteil des Kots dort anfällt. Eine Futtersuche in der Stadt ist nicht mehr nötig. Und: Nicht nur die Anwesenheit der Tauben im öffentlichen Raum wird reduziert, sondern durch die wirkungsvolle und tierschutzgerechte Populationskontrolle (Eieraustausch) auch die Zahl der Tauben insgesamt langfristig gesehen reduziert wird.
Langjährige Erfahrungen vieler Städte m zeigen, dass betreute Taubenschläge die Lebensqualität von Menschen und Tauben gleichermaßen verbessern.